Frauenschutz – null Toleranz gegenüber Gewalt an Frauen

Seit ihrer Gründung im Jahr 1919 kämpft die AWO mit ihren Forderungen nach einem selbst bestimmten, gewaltfreien und ökonomisch abgesicherten Leben für alle Frauen für ihre Vision einer geschlechtergerechten Gesellschaft.

In Deutschland ist am 12.10.2017 mit dem Beitritt zum "Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt" (Istanbul-Konvention) nun endlich ein wichtiger Schritt in diese Richtung getan: Im Februar 2018 ist damit das rechtlich bindende Menschenrechtsinstrument in Deutschland in Kraft getreten. Der Staat steht fortan in der klaren Verpflichtung umfassende Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen konsequent und zeitnah umzusetzen.

Schau hin.
Zahlen, die erschrecken

Fast jeden dritten Tag wurde im Jahr 2019 in Deutschland eine Frau von ihrem Partner ermordet. Bundesweit suchten 2020 etwa 17.000 Frauen Schutz in einem Frauenhaus. In Sachsen-Anhalt waren es im Jahr 2019 533 Frauen mit 569 Kindern. Denn oftmals sind nicht nur Frauen, sondern auch Kinder Mitbetroffene von häuslicher Gewalt. Ihr Miterleben der Situation und die daraus resultierenden Konsequenzen müssen daher beim Thema Frauenschutz zwingend mitgedacht werden. Allein in der Interventionsstelle “Häusliche Gewalt & Stalking“ Halle (Saale) des AWO Regionalverbands Halle-Merseburg e.V. geht man für 2019 im Zuständigkeitsbereich (Halle, Saalekreis, LK Mansfeld-Südharz, Burgenlandkreis) von etwa 300 mitbetroffenen Kindern aus.

Frauen - zu oft Opfer von Gewalt

Laut einer Statistik des Bundeskriminalamts wurden 2019 in Deutschland Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt (Fälle versuchter und vollendeter Delikte):

  • vorsätzliche einfache Körperverletzung: 69.012
  • Bedrohung, Stalking, Nötigung: 28.906
  • gefährliche Körperverletzung: 11.991
  • sexuelle Übergriffe, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung: 3.027
  • Freiheitsberaubung: 1.514
  • Mord und Totschlag: 301 (einschließlich versuchter Tötungsdelikte)
  • insgesamt starben 117 Frauen

Im Ernst- und Notfall ist die Interventionsstelle “Häusliche Gewalt & Stalking“ der AWO für Frauen da – bietet Schutz, Unterstützung und Beratung. Eine Betroffene erzählt, wie die Interventionsstelle hilft und warum mehr solcher Angebote notwendig sind.

Gewalt an Frauen – komplexe Gründe erfordern ganzheitliche Hilfe

Gewalt an Frauen hat vielschichtige Gründe: gesellschaftliche Rollenbilder und Machtverhältnisse, Erleben von Gewalterfahrungen in der eigenen Biografie, die individuelle Entscheidung für oder gegen Gewaltanwendung, Diskriminierung, Ungleichheiten im politischen und ökonomischen System, individuelles Bewusstsein und Verhalten, etc. Gegenmaßnahmen müssen daher in den verschiedenen Zusammenhängen ganzheitlich und vielschichtig politisch gesteuert werden.

In Sachsen-Anhalt gibt es ein landesweites Hilfsnetzwerk bestehend aus Frauen- und Kinderschutzhäusern, Interventionsstellen gegen häusliche Gewalt und Stalking, Fachberatungsstellen, Frauenberatungsstellen, Frauenzentren, Beratungsstellen für Betroffene sexualisierter Gewalt und der Täterarbeit. Sie alle sind vernetzt im Landesweiten Netzwerk für ein Leben ohne Gewalt.

Dennoch lässt sich aus Betroffenensicht feststellen:

  • Hilfsangebote sind insbesondere im ländlichen Raum nicht flächendeckend, kostenfrei, niedrigschwellig und barrierefrei zugänglich.
  • Außerhalb der Frauen- und Kinderschutzhäuser gibt es keine Angebote für von häuslicher Gewalt mitbetroffene Kinder.
  • Ressourcen für die ganzheitliche Begleitung der Frauen fehlen.
  • Es fehlt an zielgruppenspezifischen und niedrigschwelligen Informationen und Präventionsangeboten.
  • Das Thema Gewalt an Frauen wird noch immer als „Privatangelegenheit“ verstanden und tabuisiert.

Geschlechtergerechtigkeit und Schutz von Frauen – das Engagement der AWO in Sachsen-Anhalt

Basierend auf dem Grundsatz der Solidarität mit Frauen in allen Lebenslagen engagiert sich die AWO in vielen Bereichen für Geschlechtergerechtigkeit. In Sachsen-Anhalt begleiten wir Frauen mit ihren Kindern in einer Fachberatungsstelle gegen Menschenhandel, Zwangsverheiratung und ehrbezogene Gewalt. Wir leisten aufsuchende Arbeit für Sexarbeiter*innen und bieten Hilfe in Frauen- und Kinderschutzhäusern sowie Interventionsstellen gegen häusliche Gewalt und Stalking an.

AWO fragt – Landesparteien antworten

Im Juni haben Wahlen in Sachsen-Anhalt stattgefunden und im September wird bundesweit gewählt. Wir haben vorab die Standpunkte von Landesparteien zu ausgewählten Aspekten der Sozialpolitik erfragt.

Wir schützen Leben, stehen an der Seite der Frauen und geben ihnen Kraft für die Entwicklung neuer Lebensperspektiven.

Jetzt handeln!
Wir fordern: Strategien zur Prävention und verlässliche Hilfen für Betroffene

Von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder brauchen flächendeckend einen niedrigschwelligen Zugang zum Hilfesystem. Die verschiedenen Hilfen sollen für die betroffenen Frauen aus einer Hand erlebbar und verlässlich sein. Den Ursachen für Gewalt an Frauen muss vielschichtig begegnet werden – sowohl auf gesellschaftlicher und struktureller als auch auf individueller Ebene.

Wir als AWO in Sachsen-Anhalt werden uns daran weiterhin aktiv beteiligen und fordern zugleich politische Weichenstellung – zur nachhaltigen Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Dafür braucht es:

  • Eine Gesamtstrategie des Landes gegen Gewalt an Frauen
  • Finanzierungs- und Ressourcensicherheit für ein flächendeckendes, modernes Hilfesystem
  • Fachbereichsübergreifende Angebote der Beratung und Begleitung für mitbetroffene Kinder
  • Bedarfsgerechte Nachsorgeangebote
  • Niedrigschwellige Zugänge zu Beratung und Unterbringung
  • Einrichtung eines operativen Opferschutzes im Land Sachsen-Anhalt
  • Qualifizierung und Vernetzung beteiligter Akteur*innen
  • Öffentliche Kampagnen zum Thema Gewalt im sozialen Nahraum
  • Präventionsangebote
  • Ausbau der Täter*innenarbeit

Zur ausführlichen AWO-Position zum Thema Frauenschutz